Ingeborg Braunsteiner

SCHATTENLICHTOBJEKTE

Meine Skulpturen sind aus Draht.
Innen befindet sich eine Lichtquelle.
Aussen ist Licht und Schatten.

Draht an sich ist ein seltsames Material. Aus einem kompakten Block Metall wird ein hunderte Meter langer, dünner Faden geschmiedet, gewalzt, gezogen und zusammengerollt zu einem Bund. Dieser Faden ist zwar insgesamt immer noch so schwer und dicht wie der ursprüngliche Metallblock, aber wenn die Ringe des Bundes aufgelöst werden zu Spiralen, verwickelten Kreisen, geknäuelten Linien, dann entsteht plötzlich Raum. Ein Raum der kompliziert durchkreuzt und durchwebt ist von feinen Linien, Gespinsten, Geweben. Vor allem ist dieser Raum „Zwischen-Raum“. Auch die Schwere des Metalls scheint aufgehoben zu sein, obwohl sich die Masse insgesamt nicht verändert hat. Licht ist seltsam. Gegenstandslos, körperlos, unglaublich schnell.

Licht geht an – oder auf.
Dann erscheint die Welt.
Langsam – wenn die Sonne auf- und untergeht,
schnell – wenn ein Schalter betätigt wird.

Die Drahtgebilde gleichen kalligraphischen Figuren. Komplexe dreidimensionale Zeichnungen im Raum – sie verdrängen ihn nicht. Sie durchströmen ihn nur.
Verstärkt wird dieser Eindruck der Körperlosigkeit, indem das „innere Licht“
die Begrenzung der Skulptur aufhebt und die Struktur in den Raum projiziert.

Die Form wird raumgreifend und jede Bewegung der Form oder des Betrachters
bewirkt eine Veränderung.